Ansprache des Präsidenten der Republik Usbekistan, Shavkat Mirziyoyev, auf der 80. Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen

Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Sehr geehrter Herr Generalsekretär!
Sehr geehrte Delegationsleiter!
Meine Damen und Herren!
Es ist mir eine große Freude, Ihnen meine Glückwünsche zur 80. Jubiläumstagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu übermitteln.
Unser heutiges Treffen findet in einer komplexen, sich rasant verändernden Weltlage statt, die neue Ansätze für die Arbeit unserer Organisation und ihre Zukunft erfordert.
Heute schwächt sich weltweit die Rolle und Bedeutung internationaler Institutionen ab, Konfrontationen, Konflikte und Kriege verschärfen sich, technologische und soziale Ungleichheiten nehmen zu, und wirtschaftliche wie humanitäre Krisen verschärfen sich. All dies schafft eine völlig neue und beunruhigende geopolitische Realität.
Wir würdigen hoch die Bemühungen Seiner Exzellenz, Generalsekretär António Guterres, die darauf abzielen, unsere Organisation als Hauptplattform für die friedliche Lösung der schwierigsten und dringendsten globalen Probleme zu bewahren.
In diesem Zusammenhang unterstützen wir nachdrücklich die UN80-Initiative und bekräftigen unser festes Bekenntnis zum „Pakt für die Zukunft“.
Wir befürworten die Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und die Erweiterung seiner Mitgliedschaft, um aktuellen Bedrohungen und Herausforderungen wirksam begegnen und die Interessen der Entwicklungsländer wahren zu können.
Sehr geehrte Teilnehmer der Tagung!
Wir verfolgen eine Politik des Aufbaus eines demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und säkularen „Neuen Usbekistans“ in voller Übereinstimmung mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung. Zu diesem Zweck setzen wir unsere unumkehrbaren Reformen konsequent fort.
Unsere oberste Priorität ist es, das Leben jeder einzelnen Familie und jedes einzelnen Bürgers unseres Landes grundlegend zu verbessern und die menschliche Würde und das Wohlergehen zu steigern.
In den letzten Jahren ist es uns gelungen, die Armutsquote in Usbekistan von 35 Prozent auf 6,6 Prozent zu senken.
Dieses Ergebnis haben wir vor allem erreicht durch:
– die Transformation des Bildungs- und Wissenschaftssektors,
– den Aufbau innovativer Branchen und Hightech-Produktionsstätten,
– die Modernisierung der grünen Energie- und Verkehrsinfrastruktur,
– die umfassende Entwicklung kleiner Unternehmen – und infolgedessen durch die Schaffung von Millionen von Arbeitsplätzen.
In unserem Land ist die Abdeckung der Vorschulbildung von 27 auf 78 Prozent gestiegen, während die Hochschulaufnahmequote unserer Jugend von 9 auf 42 Prozent zugenommen hat.
Am wichtigsten ist für uns, das Ansehen des Lehrerberufs zu stärken. Um eine internationale Plattform für den Austausch von Erfahrung und Wissen von Lehrkräften zu schaffen, schlagen wir vor, in Usbekistan einen Weltgipfel für berufliche Bildung abzuhalten.
Wir bauen in unserem Land auch ein modernes Gesundheitssystem auf. Wir laden alle unsere ausländischen Partner ein, sich an einer hochrangigen Veranstaltung zum Kampf gegen Kinderkrebs und andere schwere Krankheiten zu beteiligen, die morgen auf unsere Initiative hin am Sitz der Vereinten Nationen stattfinden wird.
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Gleichstellungspolitik. Wir wollen die Rolle der Frauen im sozialen, politischen und wirtschaftlichen Leben unseres Landes weiter stärken. Wir treten für die regelmäßige Durchführung des Asiatischen Frauenforums in unserer Region ein und möchten es zu einer dauerhaften Plattform entwickeln.
Ich betone erneut: Wir stehen zu unseren Verpflichtungen bei der Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele.
Bis 2030 wollen wir in die Gruppe der Länder mit „gehobenem mittlerem Einkommen“ aufsteigen. Dafür werden wir unsere offene und pragmatische Politik konsequent fortsetzen.
Meine Damen und Herren!
Vor acht Jahren haben wir von diesem hohen Podium unsere feste Entschlossenheit erklärt, Zentralasien in eine Region des Friedens, der guten Nachbarschaft und der Partnerschaft zu verwandeln.
Heute können wir mit Zuversicht feststellen, dass wir dieses strategische Ziel erreicht haben. Die Ära geschlossener Grenzen, ungelöster Streitigkeiten und Konflikte gehört der Vergangenheit an.
In den letzten Jahren hat sich das Volumen des gegenseitigen Handels, der Investitionen und des Warentransports in unserer Region verfünffacht. Wir setzen gemeinsame Investitionsfonds, grenzüberschreitende Handels- und Industriekooperationszonen sowie große Infrastrukturprojekte um.
Ein gemeinsamer Erfolg ist auch, dass die Konsultationstreffen der Staatsoberhäupter Zentralasiens zu einem wirksamen Mechanismus zur Vertiefung der regionalen Integration geworden sind.
Ich kann mit Überzeugung erklären, dass wir heute mit dem Aufbau des Neuen Zentralasien begonnen haben. Unsere Region sichert sich dank ihrer Einheit, Stabilität und ihrer eigenen Identität zunehmend eine starke Position im internationalen System als unabhängiger Akteur.
Um unsere Ziele zu erreichen, messen wir dem Ausbau für beide Seiten vorteilhafter Beziehungen zu allen unseren ausländischen Partnern höchste Priorität bei. In diesem Zusammenhang schlagen wir vor, gemeinsam mit den UN-Strukturen eine Reihe neuer Projekte und Programme in unserer Region umzusetzen.
Insbesondere schlagen wir vor:
– Durchführung eines internationalen Forums unter der Schirmherrschaft von ECOSOC und UNCTAD, das der wirtschaftlichen Entwicklung der zentralasiatischen Staaten gewidmet ist;
– Einrichtung eines regionalen Zentrums für grüne Technologien in der Industrie gemeinsam mit der UNIDO;
– Annahme von Programmen zur rationellen Nutzung von Wasserressourcen, zur Schaffung von Grünflächen und zur Stärkung der demografischen Widerstandsfähigkeit in unserer Region.
Darüber hinaus schlagen wir die Annahme einer Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vor, die die Bemühungen der zentralasiatischen Staaten zur Vertiefung der regionalen Partnerschaft und wirtschaftlichen Integration unterstützt.
Sehr geehrte Delegationsleiter!
Wenn wir über globale und regionale Sicherheit und nachhaltige Entwicklung sprechen, darf das Thema Afghanistan nicht außer Acht gelassen werden. Die Unterstützung des Strebens des afghanischen Volkes nach einem friedlichen und stabilen Leben erfordert gemeinsame Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft.
Ich möchte betonen, dass es von höchster Bedeutung ist, eine Isolation dieses Landes zu verhindern. Wir beabsichtigen, groß angelegte Wirtschafts- und Infrastrukturprojekte umzusetzen. Wir schlagen vor, eine eigene UN-Resolution zur Entwicklung von Verkehrs- und Energiekorridoren von internationaler Bedeutung durch das Territorium dieses Landes zu verabschieden.
Zugleich dürfen wir die sich dramatisch verschlechternde humanitäre Lage im Gazastreifen nicht ignorieren. Wir rufen zu einer sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten und zur Fortführung politischer Verhandlungen auf. Im Einklang mit den Resolutionen der Vereinten Nationen bekennen wir uns weiterhin zum Grundsatz der Zwei-Staaten-Lösung.
Auch die Lage um die Ukraine erfüllt uns mit großer Sorge. Wir begrüßen den Beginn eines hochrangigen Dialogs, der auf eine diplomatische Lösung dieser Krise abzielt.
Sehr geehrte Teilnehmer der Veranstaltung!
Wir ergreifen wirksame Maßnahmen zur Umsetzung der Globalen Strategie der Vereinten Nationen zur Terrorismusbekämpfung in Zentralasien. In Zusammenarbeit mit dem UN-Büro für Terrorismusbekämpfung wurde ein Regionalrat für Rehabilitation und Reintegration gegründet. Wir schlagen vor, diesen Rat in ein Internationales Kompetenzzentrum umzuwandeln.
Dieses Gremium dient als wichtige Plattform für den Erfahrungsaustausch zur Wiedereingliederung von aus Konfliktgebieten zurückgekehrten Personen in ein friedliches Leben. Darüber hinaus sind wir bereit, alle notwendigen Voraussetzungen für die Einrichtung eines regionalen Büros für Terrorismusbekämpfung in Usbekistan zu schaffen.
Sehr geehrte Damen und Herren!
In der heutigen Welt voller Bedrohungen sehen wir, wie anfällig das globale Transportsystem ist. Diese Herausforderungen beeinträchtigen vor allem die Stabilität der Binnenentwicklungsländer.
Es ist von höchster Bedeutung, die Sicherheit internationaler Transitkorridore zu gewährleisten und effiziente Logistiknetze zu schaffen. In diesem Zusammenhang halten wir die Zeit für gekommen, einen globalen Mechanismus zur Stärkung der Verkehrsanbindung zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele einzuführen.
Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf die sich verschärfenden Herausforderungen des Klimawandels lenken. So müssen die Folgen des Austrocknens des Aralsees weiterhin im ständigen Fokus der internationalen Gemeinschaft bleiben.
Wir setzen unsere Arbeiten zur Wiederherstellung des Aralsee-Ökosystems konsequent fort. In den letzten Jahren wurden auf zwei Millionen Hektar des ausgetrockneten Seebodens salzresistente Wüstenpflanzen angepflanzt. Bis 2030 wird auf 80 Prozent dieser Fläche eine grüne Bedeckung entstehen.
Ein weiteres ernstes Problem ist der Wassermangel. Derzeit haben mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Wir planen, in unserem Land ein Weltforum zur Wassereinsparung durchzuführen.
Die Ergebnisse dieser Konferenz sollen die Wasserkrise als ernsthafte Bedrohung für die nachhaltige Entwicklung anerkennen. Wir beabsichtigen, eine spezielle Roadmap zur breiten Einführung innovativer Technologien weltweit zu verabschieden.
Eine weitere negative Folge des Klimawandels ist die zunehmende Klimamigration. Leider gibt es bislang weder klare internationale Mechanismen noch einen rechtlichen Rahmen in diesem Bereich. Wir sprechen uns für die Annahme eines Globalen Paktes für eine breite internationale Partnerschaft und koordinierte Politik zu diesem gravierenden Problem aus.
Sehr geehrte Teilnehmer der Tagung!
Von großer Bedeutung ist es, die Ungleichheiten in der digitalen Entwicklung und der Nutzung von künstlicher Intelligenz zwischen den Ländern zu verhindern. Wir schlagen vor, einen Internationalen Kooperationsmechanismus zu schaffen, der auf den unentgeltlichen Austausch praktischer Lösungen und Modelle für künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen, im Bildungswesen und in der Kultur ausgerichtet ist.
Ich möchte ein weiteres vorrangiges Thema hervorheben. Unsere Zukunft, das Schicksal und der Wohlstand der Welt liegen in den Händen der jungen Generation. Es ist unsere dringende Aufgabe, unseren Söhnen und Töchtern die edelsten Ideen – wie Frieden, Humanismus und Freundschaft, gegenseitiges Vertrauen und Respekt – ins Herz und ins Bewusstsein zu legen.
Daher schlagen wir vor, die Bewegung „Weltjugend für den Frieden“ zu gründen und ihren Hauptsitz in Usbekistan einzurichten.
Wir setzen in unserer Gesellschaft konsequent eine Politik der Toleranz um. Gleichzeitig werden wir unsere Bemühungen fortsetzen, die Ideen der islamischen Aufklärung tiefgehend zu erforschen und sie weltweit zu verbreiten. In den kommenden Monaten werden wir das Zentrum für islamische Zivilisation eröffnen, das für unsere gesamte Region einzigartig ist.
Wir beabsichtigen, bei den Vereinten Nationen eine besondere Präsentation des reichen geistigen und wissenschaftlichen Erbes unserer großen Vorfahren – Denker und Gelehrte wie Imam Bukhari, Imam Termizi und Imam Maturidi – abzuhalten.
Meine Damen und Herren!
Das Neue Usbekistan ist ein Befürworter gegenseitiger Solidarität, offener Dialoge und enger Partnerschaften mit allen Ländern. Wir sind immer bereit, unseren Beitrag zur Stärkung des Dialogs zwischen Völkern, Kulturen und Zivilisationen sowie zur Verwirklichung gemeinsamer humanitärer Ziele zu leisten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.